Im Lande der Barbaren (7) – Fuji

Muragaki Awaji-no-kami leitet im Jahre 1860 eine japanische Delegation in die USA. In seinem Tagebuch notiert er seine Eindrücke von Amerika.

Bereits erschienen:
Teil 1 – Ehefrauen
Teil 2 – Geisterland
Teil 3 – Zehntausend Meilen
Teil 4 – Kaufmann
Teil 5 – Fischmarkt
Teil 6 – Scham

Von New York aus tritt die japanische Delegation schließlich am 9. Februar 1860 die Heimreise an. Die fast 30.000 Seemeilen lange Reise führt sie um das Kap der Guten Hoffnung, durch den Indischen Ozean und das Chinesische Meer. Am 7. November 1860 endlich nähert sich ihr Schiff der japanischen Küste.

Die Berge, die wir von fern sehen, müssen die von Ise sein. Wir sind alle den Tränen nahe.
‘Vier Sommer und vier Winter sahen wir in einem Jahr,, und da wir heimkehren, ist der Herbst fast vergangen.’

Am 11. November 1860 trifft die japanische Delegation wieder in Edo ein.

Sprachlos vor Entzücken, als wir den Fuji sehen. Vor sechs [richtig: neun] Monaten, als wir unsere Küsten verließen, beteten wir zu unseren Göttern, daß sie uns den heiligen Berg wiedersehen lassen mögen. Heute haben wir unsere Reise um den Globus beendet.

(zit. nach: Die Geburt des modernen Japan in Augenzeugenberichten, hrsg. u. eingel. v. Gertrude C. Schwebell. Düsseldorf, 1970)

Japan in Diaspora / Diaspora in Japan (2)

Continued from my earlier post , here are some more impressions from Düsseldorf University’s recent “Japan in Diaspora” symposium.

Continue reading ‘Japan in Diaspora / Diaspora in Japan (2)’

36 Views of Mishima Yukio (7) – James K. Vincent

Mishima 7
While Mishima Yukio is known outside of Japan primarily as a « gay » writer, enshrined along with Oscar Wilde and Marcel Proust on a ceiling mural depicting famous « gays and lesbians » at the Gay and Lesbian Center at the San Francisco Public Library, within Japan, he is remembered primarily for his anachronistic devotion to right-wing politics and aesthetics. Mishima Yukio’s two reputations thus constitute a conflation of both homosexual and fascist « tendencies. » It is a conflation which may seem contradictory to anyone with a knowledge of the brutal repression of homosexuals under European fascist regimes, but which nonetheless seems to subtend much of our understanding of both terms, both in Japan and elsewhere. […] Indeed it seems fair to say that historical fascism itself was, among other things, a chilling example of a desperate homosocial order driven to extreme measures to shore up its own identity. Queer studies teaches us that identity and subjectivity, regardless of sexual orientation, are always already in crisis. Faced with this reality we have two choices : either to disavow it through a paranoid projection onto minorities and women, or to embrace it as an opportunity to recognize that all of our identities are formed through a process of promiscuous « identification. » Perhaps it would be wise to take a hint from the famously homofascist Mishima, and remember not just « All Japanese » but all of us, « are Perverse. »

(quoted from James Keith Vincent, Mishima Yukio : Everyone’s Favorite Homofascist)

Im Lande der Barbaren (6) – Scham

Muragaki Awaji-no-kami leitet im Jahre 1860 eine japanische Delegation in die USA. In seinem Tagebuch notiert er seine Eindrücke von Amerika.

Bereits erschienen:
Teil 1 – Ehefrauen
Teil 2 – Geisterland
Teil 3 – Zehntausend Meilen
Teil 4 – Kaufmann
Teil 5 – Fischmarkt

Den größten Schock ihrer Reise erleben die ganz der Verehrung ihrer Ahnen hingegeben Japaner beim Besuch der ‘Smithsonian Institution’, einer 1846 durch Kongreßbeschluß gegründeten Forschungsanstalt, der die Aufgabe der Popularisierung aller Wissensgebiete zugewiesen ist.

An einem Pfeiler sahen wir Proben von Menschenhaar, ausgestellt in einem Glaskasten. Man teilte uns mit, das sei das Haar der vorherigen Präsidenten [es handelt sich um die Perücken der Präsidenten]. Welcher Mangel an Höflichkeit! Diese Tatsache spricht für sich selbst.
In den Glaskästen an den Wänden befanden sich Tausende von ausgestopften Tieren, Vögeln, Fischen, Reptilien und Insekten. Die Vögel sahen aus, als ob sie noch lebten. Einige Affen hatten in ihrem Körperbau auffällige Ähnlichkeit mit Menschen; Reptilien undd Frösche befanden sich in mit Alkohol gefüllten Glasbehältern; da es zehntausende waren, wurde uns fast übel. In einer Ecke der Halle sahen wir auch versteinerte Menschenkörper [Mumien] in Glaskästen. Man sagte uns, sie wären tausende Jahre alt, aber es waren keine Skelette. Obschon völlig eingetrocknet, waren die Körper doch vollständig, hatten sie Haut und Fleisch. Schwierig war es jedoch, das Geschlecht zu bestimmen.
Es ist so, daß diese Mumien zur Förderung der Wissenschaft von allen lebenden Kreaturen […] ausgestellt sind. Und doch wussten wir gar nicht, was wir dazu sagen sollten, daß sie neben Fischen, Vögeln, Tieren und Insekten ausgestellt waren! Ich fühlte, wie ich vor Scham errötete. Wahrhaftig, dachte ich, diese Fremden haben den Namen ‘Barbaren’ nicht umsonst erworben!

(zit. nach: Die Geburt des modernen Japan in Augenzeugenberichten, hrsg. u. eingel. v. Gertrude C. Schwebell. Düsseldorf, 1970)

New Shugo Tokumaru Music Video – “Button”

Another PV from Shugo’s recent album Exit, which by the way is very, very good. I’d love to write a more in-depth review, but I’m up to the neck with work right now.

(via Tonofon – Shugo Tokumaru’s official blog)

“Orchidee des Monats” – Japanologie

Beim sogenannten “Jahr der Geisteswissenschaften” springt zwar kein Geld, aber immerhin ein bißchen Werbung für mein Fach heraus:

Prof. Dr. Gesine Foljanty-Jost von der Universitt Halle-Wittenberg erklärt, woran die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihres Fachs forschen, wie ansteckend das Lesen von Mangas sein kann und weshalb es in der Japanologie nicht nur um Japan geht, sondern auch um Deutschland.

Link zum Video

36 Views of Mishima Yukio (6) – Henry Scott Stokes

Mishima Yukio 6
12. November 1970
– Abendessen mit Mishima. Er war in äußerst aggressiver Stimmung. Charmant wie immer, doch Anfälle von starker Aggression. Meinte, ich könne ebensogut meine Koffer packen und nach Hause fahren, da “kein Ausländer Japan je verstehen wird”. Ich finde, er geht etwas zu weit. In gewisser Weise wird kein Japaner den Westen je “verstehen”. Also was soll das? Der Mann ist ein Perfektionist. […] Er ging auch seltsam kritisch mit westlichen Gelehrten zu Gericht und ihren Studien über Japan, bestand darauf und blickte mir dabei fest in die Augen, daß die Gelehrten die “dunkle” Seite japanischer Tradition vernachlässigen und sich lediglich mit den “sanften” Aspekten japanischer Kultur befassen. Warum ist er in letzter Zeit so unhöflich? Und wo bleibt sein Sinn für Humor?

(zit. nach: Henry Scott Stokes, Yukio Mishima. Leben und Tod. Aus dem Amerikan. übertr. v. Traudl Kurz-Perlinger. München, 1986)

Im Lande der Barbaren (5) – Fischmarkt

Muragaki Awaji-no-kami leitet im Jahre 1860 eine japanische Delegation in die USA. In seinem Tagebuch notiert er seine Eindrücke von Amerika.

Bereits erschienen:
Teil 1 – Ehefrauen
Teil 2 – Geisterland
Teil 3 – Zehntausend Meilen
Teil 4 – Kaufmann

Die japanische Delegation nimmt als Zuhörer an einer turnusmäßigen Senatssitzung teil. 40 bis 50 Senatoren sind anwesend.

Einer sprang auf und schimpfte – so laut er konnte – und gestikulierte wie ein Verrückter. Als er sich hinsetzte, folgten ihm weitere, die sich alle in derselben Art verhielten. Auf unsere Frage sagte man, daß die Staatsangelegenheiten hier öffentlich diskutiert würden. Wir konnten keine weiteren Fragen stellen, obwohl wir dazu animiert wurden. Es wäre sehr ungehörig und unhöflich von uns gewesen, sich mit den Staatsangelegenheiten einer anderen Nation zu befassen. […] Die Senatoren trugen ihre üblichen engen schwarzen Jacken und Hosen und erhoben ihre Stimmen in einer entschieden zu ungehörigen Weise.
Wir flüsterten uns zu, daß die Szene der auf dem Fischmarkt von Nihonbashi ähnelte und lächelten.

Bereits zuvor hatten die Japaner in Washington an einem öffentlichen Empfang teilgenommen, bei dem sich eher unwohl fühlten.

Wir konnten nicht verstehen, warum wir diese Tausende von Menschen vom Balkon aus begrüßen sollten, und nicht einmal eine Tasse Tee wurde uns angeboten, und weshalb wir später dieses Gebäude besichtigen mußten, das wie ein verlassener buddhistischer Tempel aussah [das Weiße Haus].

(zit. nach: Die Geburt des modernen Japan in Augenzeugenberichten, hrsg. u. eingel. v. Gertrude C. Schwebell. Düsseldorf, 1970)

Japan in Diaspora / Diaspora in Japan (1)

Though occupied with preparing a talk on studying in Japan and cramming for my exams, I managed to attend at least part of the symposium on Japanese Diaspora Studies at Düsseldorf’s Heinrich-Heine-Universität that I wrote about earlier. This was, to the best of my knowledge, the first conference on this topic in German Japanese Studies. It was quite lively, with contributions from German, Japanese-American, Chinese and Japanese scholars and discussions routinely held in three languages, as befit the subject. In this first post, I will summarize the opening speeches by Shingo Shimada and Harumi Befu. I will try to provide summaries to some of the other contributions later, notably Kyungsik Suh’s well-received account of his zainichi identity and language politics, and Ludger Pries’s more theory-focused paper on the concept of trans-national space.

Continue reading ‘Japan in Diaspora / Diaspora in Japan (1)’

36 Views of Mishima Yukio (5) – Ian Buruma

Mishima Yukio
The European manners that Mishima often affected were typical of the old upper class. His samurai fantasies were not necessarily a contradiction to this. He wanted to remain an aristocrat, a knight of a special brotherhood in a vulgar age. Being Japanese, the only tradition of knighthood he could fall back upon was The Way of the Samurai, as expressed in such flamboyant works as Hagakure. […] But let us not be conned into thinking that he stood for more than himself. It would be best to concentrate on his books as works of art, not as props for grand statements about the authors life and death […] I do think most Japanese are right in regarding Mishima’s seppuku as little more than the pathetic act of a very gifted buffoon.

(quoted from Ian Buruma, The Missionary and the Libertine. Love and War in East and West. London, et al.: 1996)


Categories

del.icio.us